Die UV-Desinfektion - Hintergründe
Dass ultraviolettes Licht in der Lage ist Krankheitserreger effektiv abzutöten, ist seit mehr als 100 Jahren bekannt und wird seitdem als wirksames Verfahren im Kampf gegen Viren und Bakterien eingesetzt.
Zwischenzeitlich wurde die UV-Desinfektion etwas weniger eingesetzt. Doch in Zeiten von Corona erfährt die Technik einen regelrechten Boom. Um das Covid 19 Virus einzudämmen, werden Desinfektionsroboter und neue Lichtquellen eingesetzt. Ganz ohne Schattenseiten kommt der Lösungsansatz dann aber doch nicht aus. Augenschäden sind ebenso präsent wie betrügerische Geschäftemacherei. Alles dazu in nachfolgendem Beitrag.
Falsch angewandt: Eine Gefahr für den Körper
Wie es heißt, stellt Angst einen schlechten Ratgeber dar: In den letzten Monaten kam es vor, dass Medikamente gegen Malaria zu wirksamen Heilmitteln auserkoren und von ranghohen Politikern aufgrund ihrer dünnen Studienlage, angepriesen wurden. Das waren dann auch dieselben Politiker, die ernsthaft darüber nachdachten, ob es nicht eine Möglichkeit sei Desinfektionsmittel in die Venen zu injizieren, was allerdings auch Verletzte und Tote zur Folge haben würde.
In die gleiche Kategorie wurden zahlreiche Fälle einsortiert, welche in chinesischen Augenkliniken beobachtet und publiziert wurden. Mit dem Ausbruch von Corona stieg dort die Zahl der Patienten an, die ihre Augen nicht mehr öffnen konnten und dazu über extreme Schmerzen im Sehapparat klagten. Begleitet wurden diese Symptome durch:
- Verschwommenes Sehen
- Brennen im Gesicht
- Kribbeln im Auge
- Tränenfluss
Die Diagnose konnte schnell gestellt werden: Photokeratitis. Dabei handelt es sich um eine Schädigung der Augen, welche durch UV-Strahlung ausgelöst wird und zur Entzündung von Horn- und Bindehaut führt. Alle Patienten hatten nicht nur ihre Umgebung vorsorglich mit UV-Licht desinfiziert, sondern auch zur Präventivmaßnahme in Bezug auf den eigenen Körper gegriffen: Sie behandelten „sich selbst“ mit UV-Desinfektion. Wirft man einen Blick auf Markterhebungen, welch aus weltweiten Berichten hervorgehen, fällt auf: Der Absatz von UV-Lampen ist tatsächlich angestiegen. So wie dieser auch bei folgenden Utensilien zu beobachten ist/war:
- FFP-Masken
- Einmalhandschuhe
- Desinfektionsmittel
UV-Desinfektion hat das Potenzial für desinfizierende Vorgänge
Grundsätzlich handelt es sich dabei um einen gar nicht so schlechten Gedanken – UV-Licht (insbesondere das UV-C-Spektrum) eignet sich für die Abtötung von Viren und Bakterien. UV ist die Abkürzung für ultraviolettes Licht. Gemeint ist damit der energiereiche, kurzwellige Frequenzbereich des Lichts. Und zwar unterhalb der Sehschwelle.
Das bedeutet: „jenseits“ der Farbe Violett im Farbspektrum. UV-C definiert das Spektrum zwischen 280 und 100 nm Wellenlänge. Im Gegensatz zum UV-A- und UV-B-Bereich wird der Wellenlängenabschnitt vom UV-C-Licht in der Atmosphäre vollständig vom Sauerstoff absorbiert. Unter natürlichen Bedingungen erreicht UV-Licht also nie die Erdoberfläche.
Im Jahr 1902 entdeckte Gustav Kaiser, ein österreichischer Arzt, die medizinisch-wirksamen Eigenschaften, welche das UV-Licht vorzuweisen hat. Seitdem wird die Strahlung auch im Rahmen desinfizierender Prozesse eingesetzt. Mit Sterilbanken vertraute Labor-Mitarbeiter dürften das blaue Glühen und den typischen Ozon-Geruch nur allzu gut kennen. Ozon entsteht übrigens im Zuge der Photolyse aus Sauerstoff, unterhalb von 242 Nanometern.
Die Unterteilung in drei Frequenzbereiche richtet sich nach der Atmosphäre, beziehungsweise nach dem natürlichen Verhalten von energiereichem Licht darin. Das menschliche Auge weist eine Sehschwelle von 380 Nanonmetern auf. Es gibt einige Tiere, welche auch darunter noch UV-Licht sehen können, wie zum Beispiel Bienen.
Die Ozonschicht der Atmosphäre sorgt dafür, dass der Bereich zwischen 215 und 280 Nanometern größtenteils absorbiert wird. Bei UV-A- und UV-B-Licht handelt es sich um ionisierende Strahlung welche das Potenzial mitbringt Organismen, Gewebe und biologisches Material zu schädigen. Dafür stehen allerdings Abwehr- und Reparaturmechanismen zur Verfügung, welche sich um die daraus resultierenden Schäden kümmern.
Der in der Natur nicht vorkommende UV-C-Bereich eignet sich jedoch besonders für die UV-Desinfektion. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gibt an, dass UV-C-Strahlung grundsätzlich in der Lage ist Kleinstlebewesen abzutöten.
Simple Strahler wurden von neuen technischen Lösungen abgelöst
Die Covid 19 Pandemie brachte ganz neuen Schwung in die seit langem etablierte Technik zur Desinfektion. US-amerikanische und chinesische Studien konnten belegen, dass sich das Virus unter einer UV-C-Bestrahlung deaktivieren lässt. Dies hatte zur Folge, dass sich daraus plötzlich ganz neue Märkte erschlossen. Während bislang primär Krankenhäuser und Labore UV-Desinfektion nutzten, weitete sich der Kundenkreis deutlich aus:
- Fabriken
- Gastronomie
- Lager
- etc.
Auf technischer Ebene konnten die einzelnen Hersteller von UV-C-Strahlern inzwischen zahlreiche Entwicklungen etablieren. UV-Röhren werden in OP-Sälen und Sterilbanken insbesondere nachts, wenn niemand dort arbeitet, eingeschaltet. Mittlerweile haben sich jedoch elegantere Desinfektions-Lösungen herauskristallisiert, welche sich beispielsweise über geschlossene Luftdesinfektionssysteme definieren. Die ausgeklügelte Technik sieht vor, dass die Raumluft angesaugt und einem Gehäuse mit UV-C-Strahlung desinfiziert wird. Anschließend wird die „saubere“ Luft wieder in den Raum abgegeben. Bei diesen Systemen wird keine UV-Strahlung in den Raum abgegeben, weshalb sie sich für den Einsatz in Krankenhäusern anbieten und auch auf großen Schlachthöfen genutzt werden. Solche geschlossenen Systeme werden auch im Rahmen der Abwasserbehandlung verwendet.
Zahlreiche Hersteller bieten die verschiedensten Arten von Luftreinigern mit UV-C-Technologie an, welche speziell für zu Hause oder das Homeoffice konzipiert wurden. Zumindest laut Anbieter. Denn hier werden Experten laut, die davor warnen, dass nicht alle Angebote als seriös einzustufen sind. Die Intensität und das Spektrum der zahlreich angebotenen UV-Lampen sind entscheidend für die desinfizierende Wirkung. Beide Faktoren lassen sich insbesondere vom Verbraucher jedoch kaum überprüfen. Experten vermuten, dass im Zuge der großen Nachfrage während der Covid 19 Pandemie Geräte vertrieben werden, die einfach nur blau leuchten und die Abgabe von UV-Licht lediglich vortäuschen. Das Schweizer Nachrichtenportal nau.ch berichtet dazu, dass insbesondere „UV-Gadgets“ aus Asien wirkungslos seien.
Keinesfalls am menschlichen Körper anwenden!
Das Bundesamt für Strahlenschutz warnt eindringlich: UV-Licht ist in keinem Fall geeignet, um den menschlichen Körper mit einer UV-Desinfektion zu behandeln. Es wird davon abgeraten, sich intensiver UV-Bestrahlung auszusetzen, um das Corona Virus einzudämmen. Dazu das BfS weiter: Sofern UV-C-Geräte zum Einsatz kommen, sollte generell sichergestellt werden, dass Nutzer vor einer Bestrahlung ausreichend geschützt sind. Handelt es sich um frei bewegliche Handlampen, welche im Zuge der Corona Bekämpfung vermehrt angeboten werden, sollten diese ausschließlich auf die Flächen gerichtet werden, welche es zu desinfizieren gilt. Ein zusätzlicher Schutz findet sich in UV-Lampen, die sich selbständig abschalten, sobald sie gedreht werden.
Gewerblicher und öffentlicher Raum: Corona führt zu neuen Einsatzgebieten von UV-C-Strahlern
Bevor Passagiere das Flugzeug besteigen dürfen, rollen Roboter durch die Gänge, deren Aufgabe darin besteht die Sitzreihen mit UV-Licht zu bestrahlen. Solche Geräte werden auch in Flughafenterminals, Krankenhauszimmern, Arztpraxen und Laboren eingesetzt, um die Oberflächen von Organismen zu befreien.
Die Hersteller haben dabei nicht nur Corona im Sinn, sondern denken auch an typische Krankenhaus-Erreger, welche nosokomiale Infektionen hervorrufen und auf diese Weise effektiv eliminiert werden können.
Die Betreiber des öffentlichen Personennahverkehrs in München und Hamburg fühlten sich aufgrund der dauerhaften Keimbelastung dazu ambitioniert, die Handläufe ihrer Rolltreppen mit Hilfe von fest verbauten UV-C-Strahlern zu desinfizieren. Auch wenn die Covid 19 Pandemie nicht der Auslöser für die Tests war, gab sie dem vorab bereits geplanten Testlauf zusätzliches Gewicht.